Wildpflanzen auf dem Balkon

Eine kleine Wildnis in der Stadt – Workshop im Wurzelwerk Dresden

Im Oktober ist es schwierig, blühende heimische Wildpflanzen zu präsentieren. Um euch dennoch einige Eindrücke zu geben, habe ich ein paar Bilder aus meiner Sammlung herausgesucht. Folgende Arten haben wir – neben vielen anderen – gepflanzt oder ausgesät. Sie sind alle geeignet für magere und trockene Standorte in der vollen Sonne, wachsen aber auch auf nährstoffreicheren Beeten und Säumen.

Natternkopf (Echium vulgare)

Das blauste Blau hat der zweijährige Natternkopf. Er ist bei unzähligen Insekten extrem beliebt und deswegen unverzichtbar im Naturgarten. Im Jahr der Aussaat bildet er eine große Rosette mit etwas stachligen Blättern (ähnlich wie Borretsch, ist ja auch eine Familie) und erst im Folgejahr beginnt er zu blühen. Leider stirbt er nach der Samenbildung ab und der Zyklus beginnt von Neuem. Zweijährige Pflanzen – wir säen z.B. noch Wilde Möhre und verschiedene Königskerzen sowie Eselsdistel aus – sorgen für Dynamik im Beet. Damit sie durchgehend blühen, brauchen sie Platz für die Selbstaussaat und überwintern als Jungpflanzen, so dass sie dann doch schon im nächsten Jahr wieder blühen. In älteren, nährstoffreicheren Beeten mit dichtem Bewuchs können sie sich nicht oder nur schwer erneut aussäen.  Also: Bei einem neu eingesäten Beet lohnt es sich, sie mit einzuplanen. Auch wenn man nie weiß, wie sie sich verhalten werden. Vor allem Giganten wie die übermannshohen Eselsdisteln sind einfach die Schau.

Dickkopffalter auf Natternkopf
Herzgespann (Leonurus cardiaca) – für Wollbienen und Hummeln

Das Herzgespann ist eine schlanke, architekturale Gestalt und übt eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Hummeln und Wollbienen aus. Wollbienenmännchen können an „ihren“ Herzgespannbeständen beobachtet werden, wie sie aggressiv ihr Revier gegen Eindringlinge verteidigen. Das sind dann andere Wollbienenmännchen. Ein Wort zur Pflege: Wie alle Stauden im Naturgarten, solltet ihr die trockenen Stängel möglichst bis in den April stehen lassen. Es ist beachtlich, wieviele Insekten darin und darauf überwintern. Schnippelt ihr vor der Zeit, endet ihre Reise in der Biotonne. Wenn ihr es gar nicht aushaltet, häuft das Schnittgut wenigstens noch eine Weile in einer Gartenecke, damit sich die mehrbeinigen Bewohner verdünnisieren können. Und noch ein Wort zum Rückschnitt: Viele Arten, die im Frühsommer blühen, können direkt nach der Blüte zurück geschnitten werden und blühen dann ein zweites Mal. Mit der Samenbildung könnte es dann aber hapern. So könnt ihr aber auch Kandidaten, die sich zu stark aussäen, deutlich im Zaum halten.

Taubenkropfleimkraut (Silene vulgaris) – von Steinhummeln und Nachtfaltern geliebt

Das Taubenkropfleimkraut gehört zu meinen absoluten Lieblingspflanzen. Die Naturgartenbuch Autorin Elke Schwarzer hat seine Blüten mal als „Puffärmelchen“ bezeichnet. Es sieht einfach niedlich aus. Besonders gefällt mir die ewig lange Blütezeit: Fast wie Geranien blüht es bis in den Herbst durch und empfiehlt sich so für den Balkonkasten. Und wenn es gerade nicht blüht, sehen seine trockenen Blütenstände auch schön aus. Zwischendurch einfach mal das Verblühte oder einen Teil davon abknipsen, dann schiebt es frische Blüten nach.  Sogar mehr als nur ein zweites Mal. Sehr beeindruckend. Ein Muss also für den Balkon, Beete sollten eher mager sein, sonst nimmt es womöglich überhand. In Italien nennt man es Strigoli und streut die jungen Blätter in den Salat. Wenn es also dank starker Selbstaussaat überhand nimmt, könntet ihr es auch einfach aufessen.

Rispen-Flockenblume (Centaurea stoebe) – extrem trockenheitsverträglicher Wildbienenmagnet

Flockenblumen sind extrem wichtige Tagfalterpflanzen und dürfen in keinem Naturgarten fehlen. Wir säen neben der Wiesen- und Skabiosenflockenblume noch die silbrig belaubte Rispen-Flockenblume aus. Alle sind sie rosa bis violett und ständig umschwirrt von zig Wildbienen. Die Schmetterlinge müssen sich erst vom Aussterben erholen, dann wird man auch sie daran sehen.

Echtes Labkraut (Galium verum)

Labkraut riecht nach Honig und man kann Käse mit ihm machen. Seine Blätter besitzen milchgerinnende Eigenschaften. Angeblich lag es als Heu in der Krippe des Jesuskinds. Keine Ahnung, wo da jetzt der Zusammenhang ist. Früher kannten die Leute einfach noch jedes Pflänzlein und spannen Geschichten rundherum. Labkraut bildet ganz zarte Blütenschleier von einem sehr warmen Gelb und sieht besonders hübsch zu Flockenblumen aus.

Wimperperlgras (Melica ciliata) mit Karthäusernelken und Moschusmalven

Dieses magere und sehr trockene Hochbeet veränderte sich rasch: Nachdem sich die Moschusmalven wohl wegen des Nährstoffmangels und ihrer typischen Kurzlebigkeit verabschiedet hatten, siedelte ich darin das südeuropäische Purpurleinkraut an. Es wird häufiger in Naturgärten verwendet, weil Hummeln so sehr darauf abfahren. Wahrscheinlich wird es über kurz oder lang dank des Klimawandels ohnehin hier häufiger zu sehen sein. Eine Alternative ist das heimische Streifen-Leinkraut (Linaria repens), das aber nicht so schön hoch und eher hellviolett ist.

Purpurleinkraut (Linaria purpurea) und Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum)

Das war dann die neue Kombi: Auch nicht schlecht. Also nicht ärgern, wenn sich eine Art oder gar mehrere verabschieden, denn das wird definitiv passieren. Dafür kommt etwas Neues. Das Gärtnern mit Wildpflanzen und insbesondere ihre Aussaat ist nicht mit der herkömmlichen Gartengestaltung vergleichbar. Unser (von mir selbst gemischtes) Saatgut besteht aus einer ganzen Palette von Arten, die theoretisch für den Standort geeignet sind. Was sich davon dann wirklich entwickelt, ist ungewiss. Vergleichbare Saatgutmischungen könnt ihr z.B. bei Hof Berggarten kaufen (vgl. Handout).

Wiesensalbei (Salvia pratense)

Das Blauviolett des Wiesensalbeis leuchtet an Sommerabenden in der Dämmerung. Als Staude kann er viele Jahre überdauern, sät sich aber auch gern hier und da aus. Also so, wie fast alle Wildstauden. Eine klassische englische Rabatte, die lange als Kür der Staudengärtner galt, kann man so vergessen. Die Pflanzung in nach Höhen gestaffelten Blöcken funktioniert vielleicht wenige Jahre, dann wurschtelt sich alles durcheinander und entfaltet bald den Charme einer Blumenwiese. Die man übrigens auch anlegen sollte, wenn man Platz hat. Aber das ist ein anderes Thema.

Färberkamille (Anthemis tinctoria) – insbesondere für ganz kleine Wildbienen, etwa Löcherbienen

Färberkamillen leuchten wie kleine Sonnen. Alle kleinen Flugsubjekte, die nur einen Miniatur-Rüssel besitzen, landen gern auf dem Planeten Anthemis und bevorraten sich mit Nektar und Pollen. Anthemis verhält sich einerseits wie eine einjährige Blume, d.h. sie sät sich leicht aus und blüht noch im selben Jahr sehr üppig. (Viele Stauden tun das erst im zweiten Jahr, einfach weil sie die Entwicklungszeit brauchen). Andererseits kann sie als „Monokultur“ sehr beständig sein, wie man es eben von den mehrjährigen Stauden kennt. Die Einzelpflanze selbst ist aber in der Regel recht kurzlebig.

Färberkamille und Weiße Lichtnelke (Silene latifolia)

Dieses Beet mit Färberkamille ist mehrere Jahre alt. Von den Seiten haben sich kleine Inseln von Weißer und Roter Lichtnelke sowie von Schafgarbe eingeschlichen. Woher die kamen, weiß ich nicht. Solche Monopflanzungen oder Aussaten bieten zur Blütezeit einen richtigen Knalleffekt, der aber wie ein Feuerwerk schnell vorbei ist. Man kann eben nicht alles haben.

Ich wünsche euch viel Erfolg bei euren zukünftigen Wildblumenbeeten und hoffe, Ihr habt die Scheu verloren, einfach loszulegen! Die rosa Blüte ganz oben ist übrigens eine Moschusmalve, die wir auch gepflanzt haben.

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