Seit Kurzem besucht eine winzige Wildbiene unseren Balkon. Vielleicht sind es auch mehrere Individuen, aber ich sehe immer nur ein Tierchen. Besonders beliebt bei ihm sind Gipskraut und Pfingstnelke. Dort krabbelt es geduldig herum und lässt sich viel Zeit. Ganz anders, als die hektischen Honigbienen und Hummeln, die sonst hier herumrasen. Mich freut das, weil die beiden Pflanzen aus der Familie der Nelkengewächse aus balkongärtnerischer Sicht zwar sehr attraktiv sind, aber bisher leider keine Insekten darauf zu sehen waren. Besonders das Gipskraut hat sehr kleine Blüten, da braucht es auch eine entsprechend kleine Biene…
Nachforschungen
Ich habe ein wenig nachgeforscht, um herauszufinden, welcher Art das Bienchen angehört. Leider kann ich noch nicht richtig anhand eines Bestimmungsschlüssels bestimmen, deshalb mutmaße ich lieber nicht. Ich habe versucht, mir die Flügeladern anzuschauen und auch geguckt, wie genau der Leib behaart ist. Mmmh… Da brauche ich wohl noch viel Übung. Man sieht gut ihren schwarzen Körper, der einen grünmetallischen Glanz hat und dann noch wie mit Goldpuder bestäubt ist. So majestätisch saß sie dann bei uns auf der Nelke (die nicht weniger königlich duftet und sowas wie rosa Haare hat):
Und so auf dem Gipskraut:
Es gibt aber noch eine Besucherin des Gipskrauts. Vielleicht, weil Gipskraut so ein wenig muffig riecht? Allerdings auch nur, wenn man ganz nah ran geht. Oder ist es ein Vorurteil, dass sich Fliegen von üblen Gerüchen angezogen fühlen? Diese hier ist jedenfalls ebenso winzig wie die Wildbiene.
Die Miniaturfliege hat auch so schön rosa irisierende Flügel wie die kleine Wildbiene. Vorerst bleibt auch sie namenlos.
Große Gipskrautschwestern
Auf der Suche nach einer Beschreibung des Gipskrautgeruchs fand ich merkwürdige Informationen. Sie betreffen die beiden großen Schwestern des Kriechenden Gipskrauts (Gypsophila repens) auf meinem Balkon. Das bekannte Schleierkraut (Gypsophila paniculata), das in seiner gefüllten Zuchtform oft in etwas spießigen Blumensträußen verwurstet wird, ist eigentlich eine Wildpflanze des tiefen, russischen Ostens. Dort wehen ihre trockenen Überreste in Bündeln durch die Steppe, wie in einem sibirischen Western. Nun ja. Die Wurzeln des Halbstrauchs Gypsophila struthium dagegen werden in Nordafrika als Seifenersatz verwendet. Diese levantische Seifenwurzel wurde in Griechenland gern gegen „Kleienkopfgrind“ verwendet. Leider war es mir unmöglich, herauszufinden, wer oder was Kleienkopfgrind ist und warum levantische Seifenwurzel dagegen hilft. Diese Informationen aus dem Netz stammen angeblich aus Meyers Großem Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909. Aber vielleicht ist es auch einfach nur pure, leicht rosa irisierende Phantasie. Mir gefiel ganz besonders der Hinweis, dass sich Schleierkraut sehr gut als maßstabsgetreue Pflanze für Dioramen eignet. Also, falls ihr am Wochenende mal wieder eins bauen solltet, denkt an das Schleierkraut. Laut Reinhard Witts Wildpflanzentopfbuch ist Gypsophila paniculata leider nur sehr kurzlebig im Topf und sollte lieber ein Plätzchen im Garten finden. Unser Kriechendes Gipskraut, die kleine Schwester, ist aber durch und durch balkontauglich und balkonwürdig. Leider weiß ich aber immer noch nicht, wie man seinen Geruch beschreiben könnte.
Übrigens: Die kleine Wildbiene hat auch ihre Schwestern mitgebracht. Seit Kurzem sehen wir viele dieser Bienchen und fotografieren sie oft und gern, weil sie gut stillhalten können.