Wildpflanzen auf dem Balkon

Besuche im Mai

Nach einem etwas verschnupft kühlen Start in den Mai und wenigen Insekten auf unserem Balkon, scheint nun, Ende Mai, der Knoten geplatzt: Plötzlich flitzt, düst, wuselt und hüpft es.

Oder mampft sich durch den wirren Schopf des Hornklees, der nicht nur von schwarzen Läusen übersät ist, sondern offenbar an mehreren Fronten zu kämpfen hat. Diese Raupe wird einmal eine Graue Frühlingseule, ein unscheinbarer grauer Nachtfalter, der relativ häufig vorkommt und bei seinen Raupenfutterpflanzen nicht sonderlich wählerisch ist. Ich habe auch noch eine kleine braune Raupe im Hornklee gefunden, aber weiß der Himmel, was das mal für ein Falter werden will.

Dickes Räupchen der Grauen Frühlingseule. Gut erkennbar an dem breiten Seitenstreifen.

Meine Lieblingsgäste sind zwei Exemplare der Blauschwarzen Holzbiene. Ich kann sie unterscheiden, weil eine von ihnen einen weißgrauen Fleck auf dem Rücken hat. Von dem Graurücken gibt es aber leider kein Foto. Beide fliegen Slalom über den Balkon wie die Wilden. Wir scheinen auf ihrer Düsenjetflugbahn zu liegen. Ab und zu wird am Wilden Löwenmäulchen aufgetankt.

Blauschwarze Holzbiene

Ein wenig Respekt hat mir der Besuch einer Hornisse eingeflößt. Sie war nur einen Moment da und nutzte eine Blüte des Ochsenauges als Landeplatz. Nach einer kurzen Recherche weiß ich jetzt aber, dass Hornissen schüchtern sind und sehr schnell die Flucht ergreifen. Sie mögen es nur nicht, wenn man sich ihren Nestern nähert (5 Meter Abstand und alles ist gut).

Ui, eine Hornisse ist gelandet

Ich kenne mich ganz gut mit Pflanzen aus, aber bei Insekten hört es leider ganz schnell auf mit der Artenkenntnis. So ein Wildpflanzenbalkon ist aber der beste Ansporn, den ich mir vorstellen kann, um gleich 70 Euro für zwei Kosmos Insektenführer hinzublättern. Dort lese ich dann ganz erleichtert, dass die Französische Feldwespe eine unverkennbare Art ist, weil nur ihre Fühler auch oberseitig gelb sind. Solche Aussagen liebe ich! Meistens steht da ja eher sowas wie: „Kann von der verwandten Art xy nur durch DNA-Analysen unterschieden werden.“ So auffällig und aggressiv gezeichnet diese Wespenart auch aussieht, sie nistet gern an versteckten Orten, etwa unter Dachziegeln und führt ein zurückgezogenes, vornehmes Leben. Ähnlich wie die Hornisse, stattete sie uns nur einen kurzen Besuch ab und fühlte sich sofort durch unsere Gegenwart belästigt.

Französische Feldwespe mit ihren unverkennbaren gelben Fühlern

Schwebfliegenlagunen

Meine neue Leidenschaft gilt aber den Schwebfliegen! Nachdem ich in einem Youtube Video von Dave Goulson gesehen habe, wie man eine Schwebfliegenlagune anlegt, war ich Feuer und Flamme. Seither steht in meinem neuen Gemeinschaftsgarten ein gärender, schimmelnder Topf in der Größe einer Gulaschkanone, der so bestialisch stinkt, wie man es sonst nur Brennesseljauche zugetraut hätte. Dort sollen bestimmte Schwebfliegen, sogenannte Mistbienen, ihre Eier hineinlegen, aus denen Larven mit kleinen Schnorcheln schlüpfen. Die halten sie über die Wasseroberfläche zum Atmen. Tatsächlich habe ich gestern am Bottich ein Exemplar meiner Zielgruppe entdeckt: Es hockte majestätisch mit ausgefahrenem Legestachel in den giftigen Dämpfen und schien hochzufrieden. Ein gutes Dutzend schillernder Schmeißfliegen leistete ihm Gesellschaft. Ich bin sehr froh über die Toleranz meiner MitgärtnerInnen.

Auf dem Balkon ist so eine Schwebfliegenlagune natürlich undenkbar, denn nichts hat weniger mit einer Lagune zu tun, als diese Mistbienenbottiche. Aber welche Faszination! Zu Besuch und das ganz ohne Lagune, kam aber eine andere Art, nämlich eine ziemlich Großkopferte. Mit ihrer Pilotenbrille hockte sie auf einer Glockenblumenknospe und wartete, dass die endlich mal aufblüht.

Späte Großstirnschwebfliege streckt das Beinchen hoch

Angetan von diesen kleinen Zweiflüglern, die so tun, als wären sie gefährliche Bienen oder Wespen, lese ich nun sogar ein ganzes Buch über sie: Die Fliegenfalle von Fredrik Sjöberg, das auf einer kleinen Schäreninsel in Schweden spielt. Was für eine wunderbare Urlaubslektüre! (Wir fahren in Kürze nach Schweden, in die Schären).

Für ein oder zwei Tage wohnte ein winzig kleiner Grashüpfer auf unserer Dachwurz. Keine Ahnung, wie es ihn dorthin verschlagen hat. Und keine Ahnung, wo er jetzt ist.

Mini-Grashüpfer auf Sempervivum

Ich bin immer wieder erstaunt, wieviel Leben sich auf so wenigen Quadratmetern einfinden kann. Natürlich sind viele dieser Insekten nur Durchgangsgäste, aber sei´s drum. Ich habe lieber ein Ausflugslokal für Insekten als gar nichts für sie zu bieten.

Teile diesen Beitrag

Comments (1):

  1. Fjonka

    30. April 2020 at 9:18

    Mistbienenlarven leben bei mir auch in einem ganz normalen Mini-Teich in einer großen Emailleschüssel, der garnicht stinkt 😉 Aber vielleicht sind das ja andere, weniger anspruchsvolle Arten, und ich sollte eine Lagune mal testen!?

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert